Patente, Marken, Design und Urheberrechte vor französischen Gerichten
Die häufigsten Ziele solcher Gerichtsverfahren sind :
a) unerlaubten Handlungen (Schutzrechtsverletzung, unlauterer Wettbewerb) im französischen Geschäftsverkehr ein Ende zu bereiten und für den entstandenen Schaden entschädigt zu werden ;
b) in Frankreich bestehende Schutzrechte zu vernichten ;
c) Beschwerde gegen Entscheidungen des französischen Patent- und Markenamtes zu erheben ;
d) einstweilige Verfügungen zu erreichen : Verbot von drohenden rechtsverletzenden Handlungen, Beschlagnahme von Waren, Erhebung von Beweisen ;
e) ungerechtfertigte Ansprüche aus Schutzrechten abzuwehren.
Die Parteien müssen durch einen in Frankreich zugelassenen Rechtsanwalt vertreten sein. Für Verletzungsverfahren und Nichtigkeitsverfahren ist dasselbe Gericht zuständig : dies sind spezialisierte Kammern bei ordentlichen Zivilgerichten. Eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ist möglich ; die Revision vor dem Kassationsgericht in Paris kann nur auf Rechtsgründe gestützt werden, bedarf aber nicht der Zulassung. Es fallen keine Gerichtskosten an. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten, aber das Gericht kann nach freiem Ermessen der unterlegenen Partei einen Teil der Kosten der obsiegenden Partei auferlegen.
Die Klage wird zunächst nur dem Prozessgegner zugestellt ; sie verfällt, wenn sie nicht innerhalb von vier Monaten beim Gericht eingereicht wird. Dieser Zeitraum kann zur Streitbeilegung genutzt werden ; die Parteien können auch während des Gerichtsverfahrens jederzeit einen Vergleich abschliessen.
Der mutmassliche Schutzrechtsverletzer kann zunächst abgemahnt werden, aber anders als in Deutschland braucht der Abgemahnte dem Abmahnenden nicht die dadurch enstandenen Kosten zu ersetzen, und die Unterlassung einer Abmahnung hat keine Folgen für die Kostenverteilung eines nachfolgenden Verletzungsverfahrens, wenn der Abgemahnte sich unterwirft.
Beweissicherungsverfahren in Frankreich
Das französische Recht sieht bei Schutzrechtsverletzung ein radikales gerichtliches Beweissicherungsverfahren vor : die saisie-contrefaçon. Es muss zunächst ein Gerichtsbeschluss erwirkt werden, der ohne Anhörung der Gegenpartei innerhalb von ein bis zwei Tagen ergeht. Einzige Vorbedingung ist der Nachweis eines in Frankreich gültigen Schutzrechtes (Patent, Marke, Design, Urheberrecht). Konkrete Verdachtsmomente sollten im Antrag dargelegt werden.
Der Gerichtsbeschluss ermächtigt einen Gerichtsvollzieher dazu, an einem benannten Ort Beweise für die Schutzrechtsverletzung zu sammeln. Dabei kann der Gerichtsvollzieher ohne Voranmeldung Privat- und Geschäftsräume sowie Fabrik- und Lagerhallen besichtigen und durchsuchen. Der Umfang der Besichtigung wird durch den Gerichtsbeschluss bestimmt : der Gerichtsvollzieher kann üblicherweise Dokumente und Datenträger kopieren, Proben nehmen und Photographien anfertigen. Er erstellt über die Beweisaufnahme ein Protokoll, das vor Gericht eine sehr hohe Beweiskraft hat.
Der Gerichtsvollzieher wird am besten von einem französischen Patentanwalt begleitet, dem dabei eine wichtige Rolle zukommt : er wählt den Gerichtsvollzieher aus und bereitet den Fall mit ihm vor.
Das Beweissicherungsverfahren wird ungültig, wenn nicht innerhalb von 30 Tagen unter Berufung auf das erstellte Protokoll Klage wegen Schutzrechtsverletzung erhoben wird. Diese Klage muss aber nicht gegen die Person oder Firma ergehen, in deren Räumen die Beweissicherung stattfand. Wenn es sich später herausstellt, dass keine Schutzrechtsverletzung vorlag oder das Schutzrecht nichtig ist, wird das Gericht das Beweissicherungsverfahren nur in seltenen Ausnahmefällen als unlauter einstufen.
Das französische Zivilprozessrecht sieht auch schlagkräftige vorprozessuale Beweisverfahren für Streitfälle vor, die keine Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes beinhalten, insbesondere bei unlauterem Wettbewerb und Verletzung von Betriebsgeheimnissen. Auch hier kann beantragt werden, dass ein französischer Patentnwalt dem Gerichtsvollzieher als Fachmann während der Beweissicherung beisteht.
Zum Arsenal des gewerblichen Rechtsschutzes in Frankreich gehören auch Zollbeschlagnahmeverfahren nach europäischem Gemeinschaftsrecht oder französischem Recht ; diese Verfahren verlangen wegen sehr knapper Fristen allen Beteiligten ein hohes Mass an Reaktivität ab.